Das Totenschiff von 1926 gilt als Klassiker. Erzählt wird die Geschichte des amerikanischen Seemanns Gales aus New Orleans, der in Antwerpen für einen Landurlaub von Bord der Tuscaloosa geht und es durch eigenes Verschulden nicht rechtzeitig zurück schafft. Das Schiff legt ab und lässt ihn ohne Papiere und Geld zurück. Ohne die in der Seefahrt wichtige Seemannskarte kann er nun auf keinem Schiff anheuern und im Konsulat kann er nicht beweisen, dass er Amerikaner ist. Ab da wird er zum Staatenlosen. Er reist durch mehrere Länder Europas und versucht, seiner misslichen Lage zu entkommen, jedoch vergeblich.
In Barcelona heuert er auf einem völlig heruntergekommenen Schiff, der Yorikke, an. Hier beginnt der zweite Teil des Buches, in dem die höllischen Arbeitsbedingungen als Heizer auf einem Dampfer geschildert werden. Immerhin befreundet sich Gales mit seinem Kollegen Stanislaw an. Wie fast alle an Bord sind sie Arbeitssklaven, die mangels Pass oder anderer Papiere keine Aussicht auf die Rückkehr in ein normales Leben haben. Sie sind lebende Tote, die gegen das Versprechen auf einen geringen Lohn in Ausbeutung gehalten werden.
Aber es kommt noch schlimmer: In einem Hafen werden Stanislaw und Gales geschanghait, also entführt zur Arbeit auf einem anderen Schiff, der Empress of Madagascar. Das Schiff ist zwar neu, aber die Maschine bringt zu wenig Leistung. Daher unternimmt der Eigner mehrere Versuche, das Schiff zu versenken und damit einen Versicherungsbetrug zu begehen. Erst beim dritten Versuch klappt es und das Schiff mit den beiden Protagonisten an Bord geht unter. Stanislaw ertrinkt und der Ich-Erzähler Gales klammert sich noch an ein Stück des Wracks. Das Buch endet, ohne dass man erfährt, ob er gerettet wird…
Es handelt sich nicht um eine angenehme Geschichte. Es ist lesenswert, aber grausam. Während der erste Teil noch vielfach ironische Betrachtungen über die Absurdität der Bürokratie enthält, ergeht es dem Helden im zweiten Teil schon deutlich schlechter. Dass das Ganze kein gutes Ende nimmt, lässt schon der Titel des Buches erahnen. Eindrücklich sind die Beschreibungen an Bord der Schiffe, hier merkt man, dass der Autor viele Dinge selbst gesehen haben muss. Auch die Seemannssprache ist besonders und soll wirklich aus der Zeit stammen.
Übrigens: Der Autor “B. Traven” war ein Phantom, ein Mann dessen Identität lange unbekannt war und zum Teil weiterhin umstritten ist. Von ihm stammt auch der Roman “Der Schatz der Sierra Madre“, 1947 verfilmt mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle. Bei den Dreharbeiten tauchte statt “B. Traven” ein Mann auf, der sich “Hal Croves” nannte und in Vollmacht des Autors als Berater für die Filmgesellschaft arbeitete. Damals kam den Filmleuten der Verdacht, dass Croves in Wahrheit der Autor selbst sein müsste. Später stellte sich heraus, dass weder “Traven” noch “Croves” die richtigen Namen waren. Wer jetzt neugierig geworden ist, dem sei der Wikipedia-Artikel empfohlen.