“Kennen Sie die Fernsehserie ‘The Wire?’” – “Nein”. Das Gegenüber war erleichtert. Gut so, denn die Serie zeichnet kein positives Bild von Baltimore, einer Großstadt im Osten der USA. Die Szene ist einem Freund von mir wirklich so passiert, als er sich dort für eine Stelle bewarb.
The Wire ist eine Serie über Kriminalität in Baltimore (USA). Es geht aber im Grunde über verschiedene Gruppen der Bevölkerung: Die Drogendealer, die Polizei, die Presse, die Schulen, die Politik und wie diese miteinander verbunden sind.
Geschrieben hat die Serie David Simon. Und Grundlage dafür war dieses Buch, Homicide – ein Jahr auf mörderischen Straßen. Das komplette Jahr 1988 verbrachte der Journalist damit, als “Polizeipraktikant” bei der Mordkommission in Baltimore mitzulaufen. Er berichtet neutral von dem, was die Polizisten erleben, wie ihr Arbeitsalltag ist, wie sie mit der Gewalt umgehen, von deren Ergebnissen sie Zeugen werden. Das ist meistens nicht jugendfrei und selten pietätvoll aber auf jeden Fall sehr lesenswert. Das Buch könnte man zum “True Crime” Genre zählen, es ist aber eher eine Reportage. Es folgt mehreren Ermittlern, es wird erklärt, wie die Arbeitsweise innerhalb der Mordkommission abläuft und wie die Vorgesetzten und wiederum deren Vorgesetzte auf die Anzahl der Morde und deren Aufklärungsraten umgehen. Von den über 230 Toten 1988 werden einige Fälle und deren Ermittler ausführlicher dargestellt. Nicht in allen Fällen wird ein Täter ermittelt. Noch ernüchternder ist, wie viele der tatsächlich ermittelten Täter aus unterschiedlichen Gründen nicht verurteilt werden.
Das Buch ist recht lang, meine Ausgabe hat ca. 830 Seiten bei kleiner Schrift. Trotzdem hat es mir sehr gut gefallen. Es wird immer wieder der Blickwinkel geändert, andere Ermittler mit anderen Persönlichkeiten und unterschiedlichen Fällen haben immer Lust gemacht, weiter zu lesen.
Das Buch gibt es aktuell weder in der Stadtbibliothek Syke noch in der Onleihe.