Romy Hausmann – Lesung im Syker Theater 10. September 2020

Syke. Die Autorin, ihr Auftreten, der Inhalt des Buches und die Rahmenbedingungen – es war eine in vielfacher Hinsicht interessante Lesung der Syker Bibliothek und ihres Fördervereins. Mit Romy Hausmann war eine Schriftstellerin gekommen, die mit ihrem ersten Thriller „Liebes Kind“ einen großen Erfolg gefeiert hat. Die Autorin entpuppte sich nicht nur als Schreib- sondern auch als Bühnenprofi. Kokett und wohldosiert im Auftreten füllte sie die große Bühne im Syke Theater problemlos.

Die 39-Jährige ist mehr als eine gute Schreiberin, die der Pflicht wegen auf Lesereise geht. Die Lesung machte neugierig auf das Buch, denn die Geschichte der entführten Studentin ist tiefgründiger und komplexer als sie scheint. Hausmann las nur aus den ersten 70 Seiten – und endete gekonnt so, dass jeder gespannt auf die nächsten knapp 400 ist. Erwähnenswert auch der Rahmen: Äußerst durchdacht und gekonnt war das Theater hergerichtet, von Blumen auf der Bühne über den berühmten Lesesessel bis zu Licht und Ton stimmte alles. Für die Coronaregeln hat die Stadt ein Video drehen lassen. Mitarbeiter David Cramer ist dort in Trickfilmart zu sehen – neckisch.

Neckisch und selbstironisch war auch Romy Hausmann. Mit kokett gerümpfter Nase fragte sie immer wieder, ob das gebannt und still zuhörende Publikum noch da sei, schließlich schaue sie ins Gegenlicht und könne nicht sehen, wer gegangen sei. Zwischen Lesung und Plaudereien beispielsweise über einen völlig missglückte Auftritt in einer Spielhalle wechselte sie sehr unterhaltsam. Neben ihrer offenen Art kam Hausmann ihr früherer Beruf als Journalistin zu gute. Medienerfahrung sammelte sie als Redaktionsleiterin für die Fernsehsendung Frauentausch. „Dafür komm ich in die Hölle.“ Später als junge Mutter habe sie viel Zeit gehabt: „Ich musste mein Kind wecken, damit ich was zu tun hatte“, kokettierte Hausmann wieder. Also habe sie sich als Schriftstellerin versucht – lange ohne Erfolg. Aufgeben kam nicht in Frage und für „Liebes Kind“ konnte sie sich den Verlag plötzlich aussuchen.

Die Geschichte handelt von Lena Beck, die als 23-Jährige entführt und 14 Jahre lang in einem Haus gefangen gehalten wird. Der Entführer gründet mit ihr eine Familie und „beschützt“ sie. Aus drei Perspektiven erzählt Hausmann die Geschichte der Gefangenschaft, der Flucht und was danach erst noch alles kommt. Schon in den kurzen Sequenzen wurde deutlich, dass wenig sein wird, wie es scheint, dass es Ausflüge in die unvorstellbare menschliche Psyche geben wird. Dicht, spannend aber immer ruhig sind die Schilderungen in diesem Thriller. „Freiheit und Angst treiben den Menschen an und darum dreht sich diese Geschichte“, so Hausmann, die erklärte, dass sie durch die die Fälle Kampusch und Fritzl in Österreich inspiriert worden sei.

Aufgelockert wurde die sowieso schon lockere Lesung durch ein Interview, für das Hausmann und Bibliotheksleiterin Eva-Maria Meyer an einen Stehtisch wechselten. Meyer war ihre Freude und Begeisterung für das Buch anzumerken, hier durfte ein Fan Fragen stellen und hätte der Autorin gern noch Raum gegeben, ihr Zweitwerk vorzustellen. Nein, Missstände wolle sie nicht anklagen in dem Buch, eher die Realität abbilden, ohne zu werten, so Hausmann. Ob das Buch gut ausgehe, kam die Frage aus dem Publikum. „Ich weiß, wie es ausgeht“, so Romy Hausmann in ihrer Art. „Der Epilog ist echt ein bisschen gut.“ Dabei schmunzelte sie und rümpfte die Nase.