Viel Beifall für Lesung über die Geschichte der Unwahrheit

Lesung mit Ulrich Hoferichter (l.) und Dr. Lars
Kaschke in der Stadtbibliothek. Foto: Sivulka
Syke – Lügen haben bekanntlich kurze Beine. Dass dahinter aber lange, teilweise spannende und manchmal auch amüsante Geschichten stehen, das haben die sehr zahlreich erschienenen Zuhörer in der Syker Stadtbibliothek erfahren. In bewährter Manier führten Ulrich Hoferichter und Dr. Lars Kaschke ihr Publikum ungelogen durch Hunderte von Jahren, in denen gelogen wurde, dass sich die Balken bogen.
Als Grundlage für den literarischen Abend wählten die beiden Wortkünstler das Werk von Roger Willemsen und Traudl Bünger mit dem Titel „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Die Weltgeschichte der Lüge“. Zwar lasen die Interpreten ausgewählte Passagen aus dem erwähnten Buch, doch diese wurden von Ihnen im Vorfeld sprachlich überarbeitet, sodass sie beim Publikum leicht verständlich ankamen. Dem Vortrag voller Gestik und Mimik mangelte es nicht an den sprachlichen Pointen, die bei den Zuhörern sehr gut ankamen und für Gelächter sorgten. Hoferichter und Kaschke gestalteten die Lesung im ständigen Dialog. Mal stimmten sie dem Gesagten des Partners zu, mal zeigten sie sich überrascht und verwundert oder opponierten gar.
So vielfältig wie die Darstellungsweise der Vorleser waren auch Themen, die sie ansprachen. In Wissenschaft, Religion, Politik, Werbung, Kunst – überall würde und werde gelogen. Selbst die Forscher und Wissenschaftler wie Galilei und Newton kamen nicht ungeschoren davon. Und, natürlich, die Politiker.
„Es ist nicht alles, was ich den Bürgern sage, gelogen“, soll Konrad Adenauer 1962 gesagt haben. Aber auch die Erziehungsberechtigten blieben von den Vorwürfen der Lüge nicht verschont: „Wenn du nicht artig bist, kehrt der Lokführer um und fährt nach Hause“. Graf Lustig ist es 1925 gelungen, den Eiffelturm, der angeblich abgerissen werden sollte (Vorsicht, Lüge!), gar zweimal an einen Schrotthändler zu verkaufen.
Aus dem Vortrag war schnell ersichtlich, warum die Menschen lügen. Selbstdarstellung, Geldgier, Hochstapelei und Erwecken der Aufmerksamkeit gehören dazu. Aber angeblich fördert das Lügen die Fantasie und sei nur eine Nachlässigkeit von Wahrheit. Die Menschheit, so hieß es, komme ohne Lüge nicht aus.
Als man am Ende der Lesung auf die Uhr schaute, hatte man den Eindruck, als ob man an diesem Abend von der Uhrzeit angelogen wurde. Die Zeit war wie im Fluge vergangen, und ein lang anhaltender Applaus war ein klarer Beweis dafür, dass die Interpreten es geschafft hatten, ihre Lügengeschichten wahrhaft spannend und amüsant zu präsentieren.
Aus der Kreiszeitung – 21. Januar 2023
VON JURAJ SIVULKA