Aroa Moreno Durán – Die Tochter des Kommunisten

Der Debüt-Roman der spanischen Autorin spielt zunächst in Ost-Berlin, in der DDR. Anfang der 1950er Jahre gewährt die DDR etwa fünfhundert spanischen Kommunisten, die vom Franco-Regime verfolgt wurden, unter dem absurden Decknamen “Bolero und Paprika” Asyl. Für sie steht der Osten Deutschlands für all das, wofür sie gekämpft und gelitten haben. Zunächst herzlich empfangen, werden sie bald zum Objekt von Misstrauen.

Katia und ihre Schwester Martina wachsen in einer winzigen Wohnung in Ost-Berlin unter ärmlichen Bedingungen auf. Der zweite Weltkrieg ist noch präsent; alle Kinder spielen “Schützengraben” auf dem Hof. Mit ihrer Mutter sprechen die Kinder spanisch, mit ihrem Vater deutsch. Sie bemerken früh, dass ihre Familie “anders” ist und fühlen sich weder “richtig spanisch” noch “richtig deutsch”. Der Blick des Mädchens Katia ist anfangs unvoreingenommen; der Leser / die Leserin erlebt mit, wie Katia sich allmählich zu einer jungen Frau entwickelt. Nach dem Mauerbau gibt es für die Eltern keinen Kontakt mehr zur spanischen Heimat. Im Alter von zwanzig Jahren (Katia ist jetzt Studentin) wird sie in einer Buchhandlung von einem jungen Mann beobachtet. Er ist “von drüben”. Katia verliebt sich und begeht bald darauf “Republikflucht”. Sie lebt nun in Backnang in Baden-Württemberg, wo sie nur “die Spanierin” genannt wird. Von da an hat sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie. Katia fühlt sich fremd, selbst, als ihr Mann versucht, mit ihr zusammen in Spanien nach ihren Wurzeln zu suchen. Am dritten Geburtstag ihrer Tochter gibt es einen kurzen Anruf ihrer Schwester Martina, die ihr den Tod ihres Vaters mitteilt. Katia reist daraufhin nach Berlin, um ihre Mutter zu suchen. Am Ende wird deutlich, dass Katjas Schicksal das ihrer Mutter widerspiegelt.

Diese spannende Geschichte über Emigration, den Preis der Freiheit, Familiengeheimnisse, Flucht und zu späte Geständnisse ist unbedingt lesenswert! Die Autorin erhielt dafür den Erzählpreis El Ojo Critico von Radio Nacional de España.

Das Buch ist im Bestand der Stadtbibliothek vorhanden, jedoch (noch) nicht in der Onleihe.

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Kerstin Nowak

Ein Beitrag von Anna Hartwich im NDR Kultur:

“Das Exil ist schmerzhafter, als man es wahrhaben will. Und Schweigen ist nicht Gold, sondern Blei. Aroa Moreno Durán hat ein tief berührendes Buch über die Einsamkeit und Isolation von Emigrantinnen und Emigranten im Niemandsland zwischen den Welten geschrieben.”

Rezension von Eva Karnofsky im WDR:

“Aroa Moreno Durán erzählt sehr spannend: Erst am Ende, nach dem Fall der Mauer, enthüllt sich Katia die ganze Geschichte ihres Vaters. Und ihres Füllfederhalters.”