
Im Jahr 1557 wird der Maler Jacopo da Pontormo vor seinem unvollendeten letzten Fresko in der Kapelle San Lorenzo in Florenz tot aufgefunden, erstochen mit seinem eigenen Meißel. Teile seines Werkes wurden übermalt, aber weshalb? Der Ermittler Giorgio Vasari, eine fiktive Version eines Chronisten der Renaissance (der tatsächlich gelebt hat), macht sich auf die Suche nach dem Täter oder der Täterin und dem Motiv… In diesem spannend geschriebenen Briefroman melden sich Familienmitglieder der Medici, verschiedene Künstler des 16. Jahrhunderts (sogar Michelangelo), Ordensschwestern, Handwerker
und auch die französische Königin, die ihre eigen Pläne gegen ihren Cousin Cosimo Medici verfolgt, zu Wort und zeigen dadurch ihre eigenen Perspektiven auf. Bald gibt es ein weiteres, unschuldiges Opfer dieser Intrige, die siebzehnjährige Tochter Cosimos.
Der Roman soll auf historischen Daten und Fakten beruhen – der Mord ist allerdings frei erfunden. Das Buch machte mir beim Lesen großen Spaß, weil der Autor immer neue Fährten auslegt. Wenn ich meinte, der Lösung auf die Spur gekommen zu sein, gab es jedes Mal wieder neue Aspekte, die zu bedenken waren. Binet zeigt neben der Krimihandlung auch die Auseinandersetzungen, die die Künstlerszene im 16. Jahrhundert beschäftigten, ganz nebenbei auf. In dieser Zeit hat die Erfindung der Zentralperspektive Einfluss auf die Malerei genommen, die nach geometrischen Prinzipien Ordnung und Tiefe schaffte. Ich habe den Roman als Hörbuch gehört und war völlig fasziniert.
Das Hörbuch ist noch bis zum 10.06.2026 in der ARD-Mediathek kostenlos abrufbar. Der Roman ist als Buch derzeit weder im Bestand der Stadtbibliothek noch in der Onleihe vorhanden.
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Auf wikipedia ist der Lebenslauf des Autors, der zahlreiche Preise (u.a. den Prix Goncourt du premier roman) erhalten hat, nachzulesen.
Tobias Wenzel rezensiert im NDR Kultur: “Der studierte Historiker Binet besitzt die große Gabe, mit seinen Romanen reale und modifizierte Geschichten spannend aufzubereiten.”