Die Studentin Tilda sitzt an der Kasse des Supermarktes, weil sie sich das Geld für ihr Studium und den gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter und der jüngeren Schwester Ida verdient. Ida braucht ihre Zuwendung, denn die alkoholkranke Mutter liegt meistens auf dem Sofa; die Väter der beiden Mädchen sind nicht greifbar. Manchmal wird die Mutter aggressiv; Tilda kann Ida nicht mit ihrer Mutter allein lassen. Das problematische Familienleben kompensiert Tilda, indem sie sich einen kleinen strukturierten Freiraum schafft: Sie schwimmt täglich genau 22 Bahnen im Schwimmbad. An der Uni wird Tilda die Möglichkeit eröffnet, eine Promotionsstelle in Berlin anzunehmen. Tilda startet eine Art Trainingsprogramm für ihre kleine Schwester, um sie zu stärken: Diese lernt, selbst einzukaufen, Bücher auszuleihen oder Hilfe zu holen. Kurz darauf hat Tilda einen Zusammenbruch und erhält unerwartet Unterstützung von Viktor – eine zarte Liebe entwickelt sich.
Die Stärke des Romans liegt in den Dialogen, die knapp und klar gehalten sind. Caroline Wahl zeigt damit auch eine große Widerstandskraft auf, die die Schwestern entwickeln. Beide emanzipieren sich im Lauf der Geschichte eindrucksvoll; die Leserin / der Leser bekommt einen Eindruck davon, was es für Kinder bedeutet, ein Leben in ständiger Anspannung zu führen. Trotzdem hat der Roman viel Leichtigkeit. Ein beeindruckender Debütroman der jungen Autorin!
Der Roman ist auch als Hörbuch erhältlich. Er ist sowohl im Bestand der Bibliothek als auch in der Onleihe vorhanden.
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Kerstin Nowak
Im September 2023 wird die Autorin den Ulla-Hahn-Autorenpreis erhalten, schreibt der Dumont Verlag. So heißt es von der Jury: “Sprache und Form überzeugen auf der ganzen Linie, ziehen die Leserinnen und Leser in die Geschichte hinein und halten sie dort. Geschickt erschafft Caroline Wahl Situationen und Bilder, die Überraschendes über ihre Figuren erzählen. So öffnet sie Blicke, die weit über das Alltagsleben hinausweisen.”
Kristine Harthauer schreibt im SWR: “Sie nimmt ihre Heldinnen ernst, verliert kein Wort zu viel und ist doch ganz nah bei ihnen. 22 Bahnen beschreibt eine Welt, die sowohl in der gesellschaftlichen als auch in der künstlerischen Realität oft unterm Radar liegt.”
Im NDR Kultur beschreibt Claudia Ingenhoven den Roman als “eine gelungene Liebesgeschichte vom Aufbruch in ein anderes Leben. Eine Geschichte, die auch Jugendliche gerne lesen werden.”
Im WDR bemerkt Andrea Gerk: “22 Bahnen ist ein berührendes Buch, ohne rührselig oder gar kitschig zu sein. Vielmehr hat Caroline Wahl einen ganz eigenen Ton für ihre Geschichte gefunden: Jung und lässig und zugleich von einer zeitlosen Tiefe.”