Zeitungs- und andere Berichte

Klaus-Peter Wolf sorgt für Spannung und Unterhaltung bei der SykerKrimiwoche
aus dem Weser-Kurier von Ilona Leberl
Syke.
„In Syke wird es kriminell.“ Was lag zur ersten Syker Krimiwoche also näher, als einen bekannten Krimiautoren einzuladen? Auf dem Wunschzettel der Stadtbibliothek stand schon seit längerer Zeit der durch seine Ostriesenkrimis sehr bekannte Klaus-Peter Wolf. Wie beliebt der Autor ist, zeigte sich am Dienstagabend, als er zur Lesung in die Hachestadt kam. Der Saal der Kreissparkasse war schon lange ausverkauft und bis auf den letzten Platz besetzt.
Vor der Lesung signierte Wolf eifrig Bücher für seine große Fangemeinde und plauderte entspannt mit den Besuchern. Siegfried und Elke Horstmann erzählten, dass sie auf einer Reise zum Nordkap dort ein Buch von Wolf zum Lesen gefunden hatten und „seitdem lesen wir ihn regelmäßig und kennen alle seine 17 Bücher“.
Im bekannten Outfit mit roten Hosenträgern und Baskenmütze begrüßte Wolf seine Fangemeinde sehr einfühlsam und war zu Scherzen aufgelegt. Schmunzelnd und fast nebenbei erwähnte er, dass alle seine 17 Ostfriesenkrimis stets sofort auf der Bestsellerliste erscheinen. „Das ist ein Phänomen auf dem Büchermarkt, und ich bin so ein König des Taschenbuchs“, ergänzte er. Dennoch gab er zu, dass er immer sehr nervös sei, wenn ein neues Buch von ihm auf dem Büchermarkt erscheine. Doch der Erfolg sporne ihn immer wieder zum Schreiben an. Er schlug den Zuhörern vor, aus seiner neuen Trilogie „Mörderisches Paar“ und dem „Weihnachtsmann-Killer“ vorzulesen. Er begann mit dem ersten Band der Trilogie, die vom Serienkiller Dr. Bernhard Sommerfeld erzählt. Wolf variierte mit leisen und lauten Tönen beim Vorlesen, lächelte manchmal verschmitzt dabei und zog alle Register eines spannenden Vortrags. Einen Serienkiller stimmlich den Zuhörern nahezubringen, fiel ihm nicht schwer. Sowohl in seinen Büchern als auch an diesem Abend verwendete er zwischenmenschliche Beziehungen und alltägliche Lebenssituationen, um eine Verbindung zu den handelnden Personen im Buch oder zum Publikum zu erzeugen. Wegen seiner schmunzelnden Mimik bekam der Leser vom Serienkiller einen fast humoristischen und zunächst sympathischen Eindruck. Erstaunlich, wie ruhig und gelassen die Zuhörer ihm lauschten – selbst als Dr.Sommerfeld das blitzende Messer in der Küche zum Mord schärfte.
Kleine Pausen nutzte Wolf immer wieder als Gelegenheit, um den Zuhörern Einblick in seine Arbeit zu geben. So verriet er: „Schreiben ist für mich ein Abenteuer. Ich kann mich verwandeln und in andere Rollen schlüpfen. Und das Leben in Ostfriesland beflügelt mich in meiner Fantasie.“
Das bestätigte das Ehepaar Ottokar und Evelyn Behrens in der Pause. „Das Tolle an seinen Büchern sind die liebevollen Kleinigkeiten. Es sind tatsächliche Orte wie eine Apotheke oder eine Konditorei. Selbst seine Charaktere beschreibt erso lebensnah, dass man immer wieder etwas Neues lesen oder hören möchte.“
Bevor die Zuhörer eine kleine Lesepause erhielten, wies Wolf zudem auf seineSchirmherrschaft für ein Hospiz in Norden hin. Kleine selbst gebastelteLesezeichen lagen zum Erwerb als Spende auf seinem Signiertisch bereit.
Im zweiten Teil stellte Wolf sein neues Buch „Weihnachtsmann-Killer“ vor, dasauf der Frankfurter Buchmesse in den ersten fünf Tagen bereits fünf Auflagenverzeichnete. Beim spannungsgeladenen Vortrag gelang es ihm erneut, dieZuhörer neugierig zu machen. Er erzeugte Vertrauen zum Publikum, wenn erbekannte Charaktere aus seinen Krimis erwähnte, die seiner Fangemeindebekannt sind. Die Zuhörer lauschten gebannt seinem Vortrag, und es wurdeebenfalls viel gelacht. „Das war großartig, lustig, mitreißend und amüsant“resümierte Peter Zarbock. Mit viel Applaus bedankte sich das Publikum bei„seinem Krimi-Autor“ Klaus-Peter Wolf.
Bevor er sich beim Publikum verabschiedete und Bücher signierte, erzählte er kleine Anekdoten zu den zahlreichen Verfilmungen seiner Krimis. Das Casting für den „Weihnachtsmann-Killer“ liefe noch auf Hochtouren, verriet er. Das Buchcover zeigt Wolf als Weihnachtsmann mit friesischem Hintergrund. Ob als Täter oder Opfer, das wollte er nicht verraten. Zum Abschied warnte er allerdings die Zuschauer, dass der Mörder noch frei herumlaufe.

Erich Kästner: Muttersöhnchen, Don Juan und kritischer Pazifist

Dem Autor Erich Kästner widmeten Ulrich Hoferichter und Lars Kaschke einen ganzen Abend. In der gut besuchten Syker Bibliothek genossen die Zuschauer ihre Darbietung der präzisen Beobachtungen des Autors.

Fanden, dass Erich Kästner auch einen ganzen Abend füllt und stellten dies unter Beweis: Ulrich Hoferichter (links) und Lars Kaschke.

Michael Galian

Syke. Sie haben sich gesucht und gefunden. Seit zehn Jahren bringen Lars Kaschke, Lehrer im, und Ulrich Hoferichter, Lehrer außer Dienst, ihrem Publikum Literatur nahe. Ein halbes Dutzend unterschiedliche Programme haben sie im Repertoire. Diesmal ging es um Erich Kästner und die Frage: Muttersöhnchen und Don Juan? Nach anderthalb Stunden und langem Applaus des Publikums war die Antwort ein eindeutiges “Ja – und auch noch kritischer Pazifist”.

Kästner war schon in früheren Lesungen vorgekommen – ob es um Liebe oder Lüge in der Literatur oder Literatur zwischen den Kriegen ging. „Wir fanden, dass Kästner auch einen ganzen Abend füllt“, so Kaschke, „und dann hat Ulrich das ausgearbeitet.“ Ob „Ulrich“ als Ruheständler einfach mehr Zeit, mehr Muße oder mehr Zugang zu Kästner hatte, war egal. Zwar hatten Kaschke und Hoferichter sich bei früheren Auftritten durchaus schon mehr geneckt und sich die verbalen Bälle schärfer zugeworfen, doch war auch dieser Auftritt wieder mal sympathisch, informativ und unterhaltsam.

Ein bisschen verlegen sind die beiden übrigens trotz aller Routine noch immer auf der großen Bühne, die auch diesmal ein kleiner Tisch in der mit knapp 70 Menschen gut gefüllten Syker Bibliothek war. Oder entsprang diese leichte Verlegenheit auch dem Fremdschämen für die amourösen Abenteuer, die Kästner nicht nur körperlich auslebte, sondern in teilweiser peinlicher Detailfreude seiner Mutter regelmäßig schriftlich mitteilte? Freud hätte seine Freude gehabt, kommentierte Kaschke sinngemäß.

Kästners Mutter Ida erfuhr regelmäßig über neue und Ex-Freundinnen, so manches Mal, bevor es die jungen Damen selbst erfuhren. Von den selbstständiger werdenden Berliner Frauen und deren Bürojobs hielt er nicht viel, teilte er in seinen Briefen nach Dresden mit. Seine neue Freundin dagegen sei ein lieber Kerl, aber viel zu verliebt. Die eigene Mutter-Sohn-Beziehung habe Kästner in seine Werke übertragen, so betrieb Mutter Tischbein in “Emil und die Detektive” ebenso einen Frisiersalon in der heimischen guten Stube wie Ida Kästner in ihrem Wohnzimmer. „Die gütige Mutter und der einzige Sohn sowie dessen Verantwortungsgefühl für die Mutter, das zog sich durch seine Werke“, so Kaschke und Hoferichter.

Zitate und Berichte wechselten sich ab, es entstand ein Bild von Kästner und seinen Motiven. Früh ins Internat geschickt, lehnte sich der eigentlich gewissenhafte und fleißige Schüler auf, wurde renitenter und verarbeitete auch das schriftlich. Die Geschichte „Kinderkaserne“ war nur ein Beispiel dafür. Als zeitlos und bestürzend bezeichneten Kaschke und Hoferichter Kästners Werke ab Mitte der 1920er-Jahre. Treffend und kritisch (und leider auch vorausschauend) kommentierte er die gesellschaftlichen Entwicklungen und sah nicht nur die Nazi-Diktatur vorher. Gerade Kaschkes Vortrag wurde bei diesen Themen emotionaler. So mache die Geschichte von den Streichhölzern traurig. Präzise war Kästner in seinen Beobachtungen, mal bissig, mal humorvoll. Dem Spießbürgertum hielt er in Gedichten den Spiegel vor. „Die Verwandtschaft blickt in die Landschaft, der Landschaft ist es egal.“

Aus dem Syker Kurier vom 01.12.2023

Autor: Karsten Bödeker

Interesse an Brecht wieder wecken

Mitglieder des Fördervereins der Syker Stadtbibliothek hatten sich zum 125. Geburtstag Bertolt Brechts so einiges einfallen lassen. Ihre Hommage an den nicht unumstrittenen Dramatiker fand großen Anklang.

Syke. Eine reine Lesung wäre zu wenig an einem Abend über Bertolt Brecht. Denn ohne die Dreigroschenoper geht Brecht natürlich nicht. Und so wurde Tanja Riekenberg kurzerhand zur Seeräuber-Jenny und sang zu Klaviertönen von Sören Tesch auch noch die Geschichte von Mackie Messer. Die Dreigroschenoper als sozialkritisches Theaterstück ist eines von Brechts bedeutendsten und bekanntesten Werken. Sie durfte daher nicht fehlen, als der Förderverein der Syker Bibliothek zum 125. Geburtstag Brechts eingeladen hatte.

Das Interesse war so groß, dass in der Bücherei kurzerhand Regale verschoben werden mussten, um die Besucher-Stühle unterzubringen. Neben Riekenberg trugen sieben weitere Personen Geschichten und Gedichte von Brecht vor. „Es sind unsere Lieblingsstücke von ihm“, hatte Doris Fröleke, als ehemalige Deutschlehrerin dem Thema quasi verpflichtet, den Abend eingeleitet: „Wir wollen das Interesse an Brecht wecken.“ Das, so war später überall im Publikum zu hören, war gelungen.

SOZIALKRITISCHER SCHRIFTSTELLER
Bertolt Brecht war sozialkritisch, vorausschauend, sarkastisch, erfindungsreich und vielfältig, dabei aber keinesfalls unumstritten. „Auch sein Verhältnis zu Frauen wurde oft thematisiert“, deutete Fröleke einen Lebensstil an, der 100 Jahre später im Hier und Jetzt, vorsichtig gesagt, ein großes Thema wäre. In einem fiktiven Interview, das echte Aussagen Brechts enthielt, wurde der Schriftsteller vorgestellt. Jochen Heins, im markanten lindgrünen Bibliothekssessel sitzend, gab den Schriftsteller. „Das Ungepflegte hat mir noch nie geschadet und zudem habe ich einen kleinen Magen“, erklärte Brecht, warum er eine spindeldürre und ungepflegte Erscheinung war. Dass er mit 26 Jahren schon drei Kinder von drei Müttern hatte, konnte Brecht ebenfalls mehr oder minder schlüssig beantworten: „Ich ziehe durch die Stadt zu den schönen Mädchen und heule wie ein Wolf.“ Doch seine Frau Helene Weigel hielt es immerhin 30 Jahre an Brechts Seite aus: „Die im Dunkeln sieht man nicht.“

An die Wand wurden Bilder projiziert, unter anderem auch seine Reiseroute während des Exils, in das er während der Nazizeit angesichts seiner linken Gesinnung ging: Von Helsinki bis Zürich, von Moskau bis Santa Monica war er auf Achse, ehe er nach Deutschland, genauer gesagt in die DDR, zurückkehrte. Lars Kaschke, als Geschichtslehrer dafür prädestiniert, listete die aktuellen Kriege in der Welt auf und ließ Brecht selbst zu Wort kommen: „Der Krieg, der kommen wird, ist nicht der erste. Bei den Besiegten das niedere Volk hungerte. Bei den Siegern auch.“ Diese Zeilen Brechts, die Sören Tesch mit ruhigen Klaviertönen untermalte, ließen ob ihrer Weitsicht ein nachdenkliches Publikum zurück. „Erschreckend, wie aktuell das ist“, meinte nicht nur ein Besucher.

Schon damals hielt Brecht den Menschen den Spiegel vor und das Spiegelbild passt heute noch. So auch das Fressen, das vor der Moral kommt, und der Vergleich, wenn die Menschen kleine Fische und Haifische im Meer wären: „Gäbe es dort Religion, würden die kleinen Fische erst im Bauch der Haifische leben.“

Die Vortragenden, darunter Elke Heins, Kerstin Nowak und Wolfgang Hunze, sprachen von unterschiedlichen Stellen im Raum; die einen sprachen lauter, die anderen leiser. Doch ob laut oder leise, die Brecht’schen Weisheiten sind allzu wahr, seine Wahrheiten allzu weise. Auch deshalb wären mehr jüngere Menschen in einer solchen Lesung wünschenswert gewesen.

Ein bisschen heiter wurde es in den sogenannten Keunergeschichten, wo es unter anderem um die gerechte Aufteilung von 17 Kamelen ging. Das pfiffige Rechenspiel trug Helge Rehme, übrigens keine ehemalige Mathelehrerin, mit leichtem Schmunzeln vor, ehe das Publikum nach einem rundum gelungenen Abends in die Nacht entlassen wurde. Natürlich zur Melodie von Mackie Messer.

Aus dem Syker Kurier vom 30.11.2023
Von Karsten Bödeker

Weitere Bilder zur Brecht-Lesung

     

Syke. Zwei Männer sprechen über Bücher. „2MannBuch” haben Andreas Heineke und Sven Jachmann diese ldee genannt und einen Podcast daraus gemacht. Der ist in der Regel über die lnternetseite der beiden oder über diverse Streamingdienste zu hören – außer am Donnerstagabend. Da waren die beiden Männer in Syke. Auf Einladung des Fördervereins der Syker Stadtbibliothek nahmen sie im Veranstaltungsraum der Kreissparkasse eine neue Folge ihres Podcasts live vor Publikum auf. Und das auf so unterhaltsame und charmante Art, dass sich die Besucher einig waren: ,,Gerne mehr davon!”

Gleich zu Beginn verrieten die beiden, was die Besucher bei diesem Podcast nicht erwarten dürfen: Verrisse. „Damit kann ich nichts anfangen“, bekannte Andreas Heineke. Statt einer Warnung – ,,Lesen Sie auf keinen Fall dieses Buch!“ – wollen die beiden leidenschaftlichen Bücherfreunde lieber Bücher empfehlen, die ihnen ausgesprochen gut gefallen haben. Rund zwei Wochen brauchen sie, um ein Buch zu lesen und zu entscheiden, ob sie es in ihrem Podcast aufnehmen.

Wie sie das machen, demonstrierte Sven Jachmann gleich mit seiner ersten Buchvorstellung: ,,Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße” von Maxim Leo. „Eine Mediensatire”, wie der Journalist und gelernte Radio-Moderator verriet, ehe er dem Publikum berichtete, was ihm an diesem Buch so gefällt.

Gemeinsame Leidenschaft für Bücher

Die Profession als Journalisten teilen sich die beiden ebenso wie ihre Leidenschaft für Bücher. Beides kommt bei ihrem Podcast gut hörbar zugute. Klar und eloquent, garniert mit amüsanten und auch informativen Anekdoten aus ihrer eigenen Erfahrung als Journalisten oder in Heinekes Fall zusätzlich als Autor führten sie das Publikum gekonnt durch den Abend. Mitunter plauderten sie so richtig aus dem Nähkästchen. ,,Wir sind ja unter uns“, merkte Heineke mit einem Augenzwinkern an.

Dabei waren die Zuhörer durchaus nicht auf die reine Empfangsrolle beschränkt. Immer wieder wurden sie in den Vortrag eingebunden.

Heineke und Jachmann fragten nach Lieblingsbüchern und wer wollte, konnte ein mitgebrachtes Buch auch selbst vorstellen. Diese Möglichkeit wurde allerdings nicht so genutzt, wie es möglich gewesen wäre. Zu ungewohnt erschien wohl das Format, das eher einem großen Leserstammtisch glich als einem Vortrag, auch wenn eine Zuhörerin bekannte: ,,Ich könnte euch noch eine Stunde zuhören!”

lnteraktion mit dem Publikum

Wie das mit der lnteraktion funktionieren kann, zeigte dagegen Ulrich Hoferichter, Vorsitzender des Fördervereins der Bibliothek Syke. Die beiden Podcaster ließen ihn Platz nehmen und er präsentierte „Der Klang der Erinnerung”, eine Coming-of-Age-Geschichte über die Kraft der Musik und der Freundschaft von Jo Browning Wroe. Zuvor musste der ehemalige Deutsch- und Mathelehrer den beiden Moderatoren allerdings erst mal Rede und Antwort stehen. In Erinnerung an ihren eigenen Deutsch-Unterricht, „traumatisiert von Reclam-Heften“, wie Jachmann es nannte, wollten die beiden wissen, ober er seine Schüler auch „gequält” habe. Mit Büchern, die man angeblich lesen muss, aber nicht lesen will und „auch nicht wirklich lesen muss”. Nein, konnte Hoferichter beruhigen. Wie bei dem podcast der beiden gehe es im modernen Deutsch-Unterricht mehr um die Freude am Lesen. Und darum, die Schüler dort abzuholen, wo sie in ihrer Erfahrungswelt stehen, nicht mehr um irgendwelche Literaturkanons, die abgearbeitet werden müssen. Die beiden Buch-Podcaster vernahmen es mit Erleichterung.

Munter ging der Abend wie im Fluge weiter. Miteinander und mit dem Publikum plauderten Heineke und Jachmann über ihr Lesevorlieben, Verkaufszahlen oder auch mal die Marketingtricks von Verlagen. Sie verrieten, wie nicht alltäglich sich die Aus

Wahl ihrer Bücher manchmal gestaltet-„Bei diesem Buch fand ich das Cover so ansprechend.” – und verrieten dabei auch, warum sich Seitenblicke in Buchhandlungen, abseits der in der Mitte aufgestellten-Tisch lohnen. Das alles trug zu einer entspannten, gemütlichen Atmosphäre bei, die Heineke und Jachmann ebenso wie die Besucher gut länger ausgehalten hätten. Aber einmal ist bekanntermaßen keinmal und so verlieh am Ende vor dem lang anhaltenden Applaus eine Besucherin der Hoffnung Ausdruck, „dass ihr wiederkommt!”

Aus dem Syker Kurier von Sarah Essing

Viel Beifall für Lesung über die Geschichte der Unwahrheit

Lesung mit Ulrich Hoferichter (l.) und Dr. Lars
Kaschke in der Stadtbibliothek. Foto: Sivulka

Syke – Lügen haben bekanntlich kurze Beine. Dass dahinter aber lange, teilweise spannende und manchmal auch amüsante Geschichten stehen, das haben die sehr zahlreich erschienenen Zuhörer in der Syker Stadtbibliothek erfahren. In bewährter Manier führten Ulrich Hoferichter und Dr. Lars Kaschke ihr Publikum ungelogen durch Hunderte von Jahren, in denen gelogen wurde, dass sich die Balken bogen.
Als Grundlage für den literarischen Abend wählten die beiden Wortkünstler das Werk von Roger Willemsen und Traudl Bünger mit dem Titel „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Die Weltgeschichte der Lüge“. Zwar lasen die Interpreten ausgewählte Passagen aus dem erwähnten Buch, doch diese wurden von Ihnen im Vorfeld sprachlich überarbeitet, sodass sie beim Publikum leicht verständlich ankamen. Dem Vortrag voller Gestik und Mimik mangelte es nicht an den sprachlichen Pointen, die bei den Zuhörern sehr gut ankamen und für Gelächter sorgten. Hoferichter und Kaschke gestalteten die Lesung im ständigen Dialog. Mal stimmten sie dem Gesagten des Partners zu, mal zeigten sie sich überrascht und verwundert oder opponierten gar.
So vielfältig wie die Darstellungsweise der Vorleser waren auch Themen, die sie ansprachen. In Wissenschaft, Religion, Politik, Werbung, Kunst – überall würde und werde gelogen. Selbst die Forscher und Wissenschaftler wie Galilei und Newton kamen nicht ungeschoren davon. Und, natürlich, die Politiker.
„Es ist nicht alles, was ich den Bürgern sage, gelogen“, soll Konrad Adenauer 1962 gesagt haben. Aber auch die Erziehungsberechtigten blieben von den Vorwürfen der Lüge nicht verschont: „Wenn du nicht artig bist, kehrt der Lokführer um und fährt nach Hause“. Graf Lustig ist es 1925 gelungen, den Eiffelturm, der angeblich abgerissen werden sollte (Vorsicht, Lüge!), gar zweimal an einen Schrotthändler zu verkaufen.
Aus dem Vortrag war schnell ersichtlich, warum die Menschen lügen. Selbstdarstellung, Geldgier, Hochstapelei und Erwecken der Aufmerksamkeit gehören dazu. Aber angeblich fördert das Lügen die Fantasie und sei nur eine Nachlässigkeit von Wahrheit. Die Menschheit, so hieß es, komme ohne Lüge nicht aus.
Als man am Ende der Lesung auf die Uhr schaute, hatte man den Eindruck, als ob man an diesem Abend von der Uhrzeit angelogen wurde. Die Zeit war wie im Fluge vergangen, und ein lang anhaltender Applaus war ein klarer Beweis dafür, dass die Interpreten es geschafft hatten, ihre Lügengeschichten wahrhaft spannend und amüsant zu präsentieren.

Aus der Kreiszeitung – 21. Januar 2023
VON JURAJ SIVULKA

Nach langer Pause fand am 30.09. endlich wieder ein Quizabend in der Stadtbibliothek statt. Ausgezeichnet vorbereitet und präsentiert wurden die Fragen aus 10 unterschiedlichen Kategorien von der Gruppe „Kilkenny 54“. So fanden sich Aufgaben aus den Themen „Geographie“, „Literatur“ (sogar 2x 4 Fragen), „Syke“ oder „Musik“.

Die Stimmung war gut, die jeweiligen Auflösungen wurden mit Beifall quittiert. Gleich zu Beginn hatte der Moderator deutlich gemacht, dass es möglicherweise verschiedene Lösungen geben könnte, aber es gelte nur die, die sie in ihrem Antwortbogen hätten, und zwar ohne jegliche Diskussionen.

Eine Pubquizgruppe war sogar aus Bremen angereist. Sie hatten einen Hinweis auf die Veranstaltung in der Sparkassenfiliale von Barrien gelesen und waren neugierig geworden. Sie lagen auch ganz gut im Rennen, bis die Fragen zur Stadt Syke und deren Umgebung kamen.

Da alle Teilnehmer in Gruppen quizzten, waren die anspruchsvollen Fragen durchaus lösbar. Am besten schaffte das die Gruppe des Syker Kuriers. Herr Magnucki überreichte einen Wanderpokal, den es für die Gewinner zu verteidigen gilt. Die drei ersten Plätze durften dann aus verschiedenen Preisen, die der Förderverein gestiftet hatte, ihre Gewinne aussuchen.

Alle waren sich einig, dass es ein interessanter und anregender Abend gewesen war, der Anfang des nächsten Jahres unbedingt wiederholt werden müsste.

Der Familiensonntag der Syker Stadtbibliothek ist nach zweijähriger Pandemie-Pause gut besucht.

ILONA LEBERL 
Syke. Badeanstalt oder Bibliothek? Eine Frage, die sich am Sonntag vielen stellte. Denn die Stadtbibliothek hatte bei Prachtwetter zu einem Familiensonntag eingeladen. Nach zweijähriger Pause freute sich das Team mit Spielen, Bastelaktionen und natürlich jeder Menge Bücher, Familien in die Bibliothek zu locken. Die Mitarbeiterinnen Simone Stubbmann, Astrid Dilewski und Inge Brüning hatten sich viel Mühe gegeben, um einen erlebnisreichen Nachmittag zu gestalten. Stolz präsentierten sie auch den neugestalteten Jugendbereich.
  Die zahlreichen Angebote für alle Altersstufen wie Bücher, Hörbücher, Tnies, Filme sowie Gesellschaftsspiele wurden an diesem Sonntag durch die Familiensonntag-Rallye bereichert. An sieben unterschiedlichen Stationen konnten Kinder knifflige und lustige Fragen lösen.

  An der Ausleihe hatte Simone Stubbmann gleich zu Beginn viel zu tun, denn einige Kinder hatten sich schon Bücher ausgesucht.
Astrid Dilewski begleitete die Kinder und erklärte die einzelnen Stationen. Aktive Aufgaben, wie beispielsweise mit kleinen Topfstelzen einmal um die Filmabteilung zu
laufen oder ein Wurfspiel an einer gebastelten Löwenhöhle, begeisterten die kleinen Besucher. Aber auch andere abwechslungsreiche Spiele erfreuten die kleinen und größeren Kinder. Es galt, die Frage zu lösen, welche Früchte in dem Buch „Das ist Deutschland“ an einem Stand auf dem Biohof „Ostfriesland“ verkauft werden. Außerdem konnten die Nachwuchs-Fährtenleser Spuren von Tieren zuordnen, die in kleinen Ausschnitten ausgelegt waren. Andere Kinder saßen am großen Bastel- und Kreativtisch. Unter der Anleitung von Inge Brüning konnten Schablonen bunt bemalt werden, um daraus einen kleinen Vogel zu basteln.

  Im Verlaufe des Nachmittags erfüllte das Stimmengewirr von vielen fröhlichen Kindern aller Altersgruppen auf ihrer Entdeckungstour die Bücherei. Noosten Meint-Frieling, der mit seiner Frau Franziska und den Kindern Ella (7) und Hanno (5) gekommen war, plauderte entspannt mit einem anderen Vater in einer Sitzecke, während die Kinder mit dem vielfältigen Angebot beschäftigt waren.

  Die zehnjährige Rama Zamak war mit ihren Geschwistern Feras, Shahad und Taim da. Sie wollte sich ein Abenteuerbuch ausleihen, während sich Bruder und Schwester für die Gesellschaftsspiele „Greg‘s Tagebuch und Eselsbrücke‘ entschieden hatten. Mama Rokaea Alkorde erzählte: „Ja, wir sind eifrige Besucher der Bibliothek. Jeden Donnerstag komme ich mit der Kindergartengruppe ,Rucksack‘ in die Bücherei. Auch in den Ferien sind wir hier immer sehr gerne.“ Die Mitarbeiterinnen der Bibliothek hatten inzwischen festgestellt, dass mehr als 100 Besucher gekommen waren. „Es sind sogar viele neue Besucher dabei,“ strahlte Simone Stubbmann. 

  Ein Rundgang durch die Bücherei bot auch viele verschiedene Rubriken für Jugendliche. In der Abteilung „Freunde“ entdeckte man das Buch „Das Ding mit der faulen Paula“ von Stephanie Schneider. „Matsch und Möhren“ von Bärbel Oftring wandte sich an Eltern, die mit ihren Kindern den Garten entdecken wollen. Großes Interesse gab es für die Tonies. Das sind kleine, zum Thema passende Figuren in einer kleinen Box, die den Kindern etwas erzählen.

  An der Ausleihe meldeten sich inzwischen viele Kinder, die entweder allein oder mithilfe der Eltern die Lösungen der „Familiensonntag-Rallye“ abgeben wollten. Der vierjährige Liyan aus Syke hatte mit Papa Kevin Hofstaetter alle Stationen gemeistert und bekam als Belohnung einen Flummi. Es gab aber auch Stifte, Sticker oder Haarspangen als kleine Aufmerksamkeit.

  Im neugestalteten Jugendbereich mit einer Ritterburg erfreuten sich Kinder aller Altersgruppen zum Ende des Nachmittags. Ein farbenfrohes Angelspiel führte zu einem Miteinander mit anderen Kindern und Müttern. In der Bibliothek hängt ein Plakat mit einem kleinen, gelb-roten Superman mit der Aufschrift: Lesen – eine wahre Superkraft. Das ist eine Botschaft, die zu diesem Familientag passt.

  „War schön bei euch“, verabschiedete sich der zehnjährige Lennart Zimmermann. Auch die drei Mitarbeiterinnen freuten sich sehr über  die erfolgreiche Veranstaltung. Diejenigen, die sich statt Badeanstalt für die Bücherei entschieden hatten, konnten sich belohnt fühlen.

Syker Kurier vom 28.06.2022

 

 

Lesung mit überraschenden Aussagen

Syke. Kaschke und Hoferichter waren wieder da. Dr. Lars mit Vornamen der eine, aktiver Lehrer von Beruf, Ulrich, Lehrer im Ruhestand der andere, hatten in den letzten Jahren schon bei verschiedenen Lesungen für Unterhaltung mit Aha-Effekt gesorgt. Dieser Aha-Effekt gelang ihnen diesmal noch ein bisschen mehr, als sie keine Geringeren gaben als die berühmten Engels und Marx, Friedrich der eine mit Vornamen, Karl der andere, Philosophen von Beruf. „Marx und Engels – intim“ heißt das Werk, als Hörbuch gesprochen von Gregor Gysi und Harry Rowohlt, begleitet von einer Erzählerin. In der Syker Stadtbibliothek war das Katharina Wittneben, die die Erklärungen gab, wenn Hoferichter & Kaschke die Philosophen rezitierten. „Ihre Briefe empören heute mehr als damals Mitte des 19. Jahrhunderts“, kündigte Wittneben an. Tatsächlich zogen Marx und Engels sprachlich durchaus überlegt und interessant aber mit derben Worten über alles und jeden her, lästerten sogar über die Arbeiterklasse und waren fremdenfeindlich und antisemitisch. So kannten zuvor wohl die wenigsten der 30 Gäste die Helden der Arbeiter- und Bauernbewegung. „Das waren Formulierungen, die man auch Kaiser Wilhelm und Hitler hätte zurechnen können“, so Kaschke. Während Engels aus einer Unternehmerfamilie stammte, hatte Marx zeitlebens Geldsorgen, was schon der Vater in Briefen an den Sohn beklagte. Später hoffte Marx auf den Tod eines Onkels, den Engels ob des hohen Alters als Erbschaftsverhinderer bezeichnete. Schon bald konnte Marx ihm vom Tod, dem „very happy event“, berichten, doch „wehe, der alte Hund hat sein Geld der Haushälterin vermacht“. Deftig ging es weiter gegen andere Nationalitäten und Religionen. So sei die „Germanisierung der abtrünnigen Belgier und Niederländer eine politische Notwendigkeit“. Mit Erstaunen hörte das Publikum zu. Marx, der selber jüdischen Vorfahren hatte, empörte sich über „garstige jüdische Physignomie“. Ferdinand Lasalle, Initiator der Arbeiterbewegung, wurde ebenfalls rassistisch angegangen und als „jüdischer Nigger“ bezeichnet. Wittneben wies zwischen den Briefen auf den bizarren Widerspruch hin, denn Marx selbst wurde wegen seiner Locken ebenfalls als Mohr bezeichnet. Für psychologische Analysen der Formulierungen, einige davon sogar in Zeitungen abgedruckt, blieb in der Syker Stadtbibliothek jedoch kein Raum. Nach den Toden von Marx und Engels ging einiges verloren. In den 1930er Jahren sammelte Dawid Rjasanow, Leiter des Moskauer Marx-Engels-Instituts, alles der beiden, was er finden konnte. „Das machte ihn so verdächtig, dass man ihn vorsichtshalber erschießen ließ. Man kann ja nie wissen bei so neugierigen Menschen“, erklärte Wittneben. Vieles sei somit gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Vielleicht hätte es die Menschen irritiert und ernüchtert, die in den Arbeiter- und Bauerstaaten so viel auf Marx & Engels gaben. Dabei hatten die in ihren Briefen dich die Bauernschaft als stupide bezeichnet, die Arbeiter seien „komplette Esel und nicht mal gut als Kanonenfutter“. Mit leichter Ironie schloss Wittneben den Abend: „Marx & Engels haben bestimmt auch mal was Nettes gesagt.“ Doch das wäre Hoferichter & Kaschke bestimmt zu langweilig gewesen.  

von Karsten Bödeker – Weserkurier 21.05.2022

Ein akribischer Rechercheur

Von Bärbel Rädisch  aus Syker Kurier vom 19.03.2022

 

Syke. Einem Wiederholungstäter gelang es am Donnerstag den Zuhörern in der Syker Bibliothek ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Nach langer Pandemiepause hatte der Förderverein wieder zu einer der so beliebten Lesungen einladen können, wenn auch mit  begrenzter Zuhörerzahl. Der Vorsitzende Ulrich Hoferichter strahlte mit dem Publikum und dem Autor Andreas Heineke bei seinem zweiten Auftritt in Syke um die Wette.

Auf dem Programm stand an diesem Abend der inzwischen dritte Kriminalroman über den in der Provence ansässigen Gendarm Pascal Chevrier „Fälschung á la Provence“. Ging es im ersten Band der Reihe um Trüffel, im zweiten um Gourmetbruderschaften und Tierschützer, hat der Autor  dieses Mal Kriminelles in der Kunstszene beleuchtet. Zugute kommen ihm dabei seine überaus akribischen Recherchen. Er ist mit dem Maler Ralf-Rainer Odenwald befreundet, der ihn fachlich unterstützen konnte. Einen weiteren Pluspunkt, sich Wissen anzueignen, um es in den Romanen umzusetzen, erfuhr das Publikum im Lauf des Abends. Immer wieder legte Heineke das Buch zur Seite und plauderte aus, dass er als Film-Autor, Regisseur auch als TV-Produzent, zum Beispiel für die NDR-Talkshow, Interwies vorab mit den jeweiligen Gästen führte. Er besuchte manche in ihren Häusern oder etwa Joe Bausch, den Gerichtsmediziner aus dem WDR-Tatort, an dessen tatsächlichem Arbeitsplatz als Gefängnisarzt. „Wann hat man schon mal Zutritt im Knast?“, sein Kommentar. Dass einer der berühmtesten Kunstfälscher auch zu einem Gesprächspartner gehörte, dürfte ihm für „Fälschung á la Provence“ durchaus zupass gekommen sein. Ein gewisser Monsieur Platin, Spezialist für Picasso-Fälschungen, ist seine Romanfigur. Den Anstoß sich dem Kunst-Genre zu widmen, gab allerdings ein Beitrag in der Kultursendung „Aspekte“ über das Schloss Vauvenargues bei Aix-en-Provence. Hier lebte Picasso von 1959 bis 1961 und fand seine letzte Ruhestätte. Von Juni bis September kann an Führungen teilgenommen werden, die Catherin Hutin ermöglicht. Sie ist die Tochter der zweiten Ehefrau Picassos, Jaqueline. An einer dieser Führungen nahm Heineke mit Ehefrau Marga und der einjährigen Tochter teil. „Unser Kind testete allerdings, wie schön Geschrei in einem Schloss hallt. Meine Frau wurde dann diskret in den Garten gebeten. Begeistert sammelte unsere Kleine dort Steine auf. Obwohl überall hingewiesen wurde, nichts anzufassen, sind wir jetzt Besitzer von Steinen aus dem Garten Picassos“, gibt der Autor mit einem Schmunzeln zu.

Im Roman ermittelt Gendarm Pascal Chevrier in einem fiktiven Ort im Luberon, der allerdings als Pseudonym für die etwa 1000 Einwohner starke Gemeinde  Lourmarin steht. Hier mietet sich der gebürtige Hamburger Heineke, der seit 22 Jahren in Schafstedt im Dithmarschen lebt, im Januar/Februar ein Zimmer und schreibt. „Der Vermieter wunderte sich, was ich in einer Zeit, in der keine Touristen anreisen, hier eigentlich mache. Im kann dann im Café sitzen mit den Einheimischen. Es herrscht kein Trubel und ich konnte die unzähligen Galerien aufsuchen, von denen es fast so viele gibt wie  Delikatessengeschäfte“, erzählt er. „Und um Nahrhaftes, auch immer mal wieder Trüffel, geht es in allen Romanen“, ergänzt er. Der Hund des Ermittlers trägt den schönen Namen Bordeaux. Und der vierte Fall á la Provence wird 2023 erscheinen, dann geht es um Wein, vielleicht passenderweise zum Hundenamen, erfährt das Publikum. Ob er sich vorstellen könne, auch mal einen Kriminalfall im Dithmarschen anzusiedeln, fragte ein Besucher im Anschluss an die Lesung. Heineke hat den Reiseführer „111 Orte in Dithmarschen, die man gesehen haben muss“ geschrieben. „Das würde, glaube ich, am Platt der Region scheitern. Das kann ich nicht sprechen“, sagt einer, der behauptet, das Französische auch nicht besonders gut zu beherrschen. Auf jeden Fall gelang es ihm, der Zuhörerschaft an diesem Abend mit der Lesung eine Sehnsucht zu vermitteln, sich vielleicht auch einmal auf den Weg zu machen in die Provence nach Lourmarin. Als Weinliebhaber dürfte Ulrich Hoferichter sicher gerne auf dem einen oder anderen Weingut den Autor bei seiner Recherche begleiten.

Von Zahlungsaufforderungen, Zeitreisen und Zahlencodes
Erster Syker Schreibwettbewerb: Viel Kreativität rund um das Thema „2020“ / Preisträger: Joshua Leive

Syke – „Wir wollten in Coronazeiten etwas unternehmen, möglichst zu Hause. Da kam im Förderverein für die Stadtbibliothek die Idee, einen Schreibwettbewerb auszuloben. Wir rechneten mit vielleicht acht Einsendungen und waren überrascht, trotz der kurzen Zeit 21 Einsendungen zu bekommen“. Mit diesen Worten begrüßte Ulrich Hoferichter als Vorsitzender des Fördervereins etwa 30 Personen zur Preisverleihung im Forum der Bibliothek.

Anfang 2021 ausgeschrieben, sollten die Kurzgeschichten bis Mitte des Jahres vorliegen. Thematische Vorgabe: lediglich „2020“, entweder als Jahreszahl, Zahlencode oder in sonstiger Form. Eine Jury, bestehend aus Hoferichter und Kerstin Nowak vom Förderverein, Ina Schüttert von der Buchhandlung Schüttert, Martina Kahsnitz von der Bibliothek und Yannik Kaschel vom Hauptsponsor der Kreissparkasse hatte die Einsendungen gesichtet und gewertet.

Kahsnitz, Hoferichter und Jürgen Puls trugen die Kurzgeschichten der drei Erstplatzierten vor. Martina Kahsnitz las „Die Zahlungsaufforderung“ von Jasmin Klapper. Ein „Kurzkrimi“ im Stil der „Ostfrieslandkrimis“, der eigentlich gar nicht so kurz war. In der Geschichte lösen die Kommissare Tom Klaasen und Leila Wagemuth das Rätsel um eine bewusstlos aufgefundene Frau mit einer ominösen und laienhaften Tätowierung der Zahl 2020 am Unterarm.

Jürgen Puls lieh „Vielleicht werden sie lernen“, dem Werk von Joshua Leive seine Stimme. Eine Geschichte, in der Wut, Zuversicht, Hoffnung und Trauer als Ratgeber fungieren. Die Zahl 2020 findet sich hier als Zahlencode für ein Vorhängeschloss.

Karin Woch unternimmt eine „Reise durch die Zeit“, vorgetragen von Ulrich Hoferichter. Studenten unternehmen vor etwa 50 Jahren aus einem Gewölbe des Uni-Gebäudes eine Reise in die Zukunft. Ihr Ziel: das Jahr 2020. Eigentlich wollen sie nur feststellen, ob sie auch im Alter noch zusammen sind. Sie erfahren von einem Virus aus Wuhan, Masken, Querdenker, Impfstoff und versuchen anschließend die Zukunft zu beeinflussen, um diesem Szenario zu entgehen. Bekanntermaßen hat’s nicht geklappt.

 

Mittwoch, 17. November 2021, Kreiszeitung Syke/Weyhe/Stuhr / Syke
von Horst Meyer

Syke. Die Autorin, ihr Auftreten, der Inhalt des Buches und die Rahmenbedingungen – es war eine in vielfacher Hinsicht interessante Lesung der Syker Bibliothek und ihres Fördervereins. Mit Romy Hausmann war eine Schriftstellerin gekommen, die mit ihrem ersten Thriller „Liebes Kind“ einen großen Erfolg gefeiert hat. Die Autorin entpuppte sich nicht nur als Schreib- sondern auch als Bühnenprofi. Kokett und wohldosiert im Auftreten füllte sie die große Bühne im Syke Theater problemlos.

Die 39-Jährige ist mehr als eine gute Schreiberin, die der Pflicht wegen auf Lesereise geht. Die Lesung machte neugierig auf das Buch, denn die Geschichte der entführten Studentin ist tiefgründiger und komplexer als sie scheint. Hausmann las nur aus den ersten 70 Seiten – und endete gekonnt so, dass jeder gespannt auf die nächsten knapp 400 ist. Erwähnenswert auch der Rahmen: Äußerst durchdacht und gekonnt war das Theater hergerichtet, von Blumen auf der Bühne über den berühmten Lesesessel bis zu Licht und Ton stimmte alles. Für die Coronaregeln hat die Stadt ein Video drehen lassen. Mitarbeiter David Cramer ist dort in Trickfilmart zu sehen – neckisch.

Neckisch und selbstironisch war auch Romy Hausmann. Mit kokett gerümpfter Nase fragte sie immer wieder, ob das gebannt und still zuhörende Publikum noch da sei, schließlich schaue sie ins Gegenlicht und könne nicht sehen, wer gegangen sei. Zwischen Lesung und Plaudereien beispielsweise über einen völlig missglückte Auftritt in einer Spielhalle wechselte sie sehr unterhaltsam. Neben ihrer offenen Art kam Hausmann ihr früherer Beruf als Journalistin zu gute. Medienerfahrung sammelte sie als Redaktionsleiterin für die Fernsehsendung Frauentausch. „Dafür komm ich in die Hölle.“ Später als junge Mutter habe sie viel Zeit gehabt: „Ich musste mein Kind wecken, damit ich was zu tun hatte“, kokettierte Hausmann wieder. Also habe sie sich als Schriftstellerin versucht – lange ohne Erfolg. Aufgeben kam nicht in Frage und für „Liebes Kind“ konnte sie sich den Verlag plötzlich aussuchen.

Die Geschichte handelt von Lena Beck, die als 23-Jährige entführt und 14 Jahre lang in einem Haus gefangen gehalten wird. Der Entführer gründet mit ihr eine Familie und „beschützt“ sie. Aus drei Perspektiven erzählt Hausmann die Geschichte der Gefangenschaft, der Flucht und was danach erst noch alles kommt. Schon in den kurzen Sequenzen wurde deutlich, dass wenig sein wird, wie es scheint, dass es Ausflüge in die unvorstellbare menschliche Psyche geben wird. Dicht, spannend aber immer ruhig sind die Schilderungen in diesem Thriller. „Freiheit und Angst treiben den Menschen an und darum dreht sich diese Geschichte“, so Hausmann, die erklärte, dass sie durch die die Fälle Kampusch und Fritzl in Österreich inspiriert worden sei.

Aufgelockert wurde die sowieso schon lockere Lesung durch ein Interview, für das Hausmann und Bibliotheksleiterin Eva-Maria Meyer an einen Stehtisch wechselten. Meyer war ihre Freude und Begeisterung für das Buch anzumerken, hier durfte ein Fan Fragen stellen und hätte der Autorin gern noch Raum gegeben, ihr Zweitwerk vorzustellen. Nein, Missstände wolle sie nicht anklagen in dem Buch, eher die Realität abbilden, ohne zu werten, so Hausmann. Ob das Buch gut ausgehe, kam die Frage aus dem Publikum. „Ich weiß, wie es ausgeht“, so Romy Hausmann in ihrer Art. „Der Epilog ist echt ein bisschen gut.“ Dabei schmunzelte sie und rümpfte die Nase.

Vorlesetag: Mal was anderes 
von Sarah Essing und Micha Bustian

Syke. „Das war mal was anderes!“ Die Frühstücksgäste des Delcasy waren mehr als angetan von der Aktion des Fördervereins der Bibliothek Syke. Zu Käseschnittchen und Honigbrötchen gab es diesmal nicht nur Tee oder Kaffee, sondern auch zwei Geschichten. „Entschuldigen Sie, wenn wir stören …“, leitete Ulrich Hoferichter, Vorsitzender des Fördervereins, seinen Vortrag ein und erklärte die Aktion: Lesen an ungewöhnlichen Orten, um Appetit auf Literatur zu machen. Die Gäste entschuldigten gerne und lauschten den beiden Geschichten, die er und Elke Nobis mitgebracht hatten: „Clever reisen“ von Horst Evers und „Der weiße Neger Wumbaba ist wieder da“ von Axel Hacke. Leises Gelächter erklang an den richtigen Stellen, derweil drang aus der Küche Geschirrgeklapper und die Angestellten des Delcasy nahmen weiter Bestellungen auf. Zwischendurch klingelte auch mal das Telefon, doch dem Vergnügen tat das keinen Abbruch. Entspannt lauschten die Gäste und reichten den Vorlesenden auch gern ein Glas Orangensaft gegen den Frosch im Hals. Eine gute Viertelstunde dauert die Aktion, anschließend dreht sich an den Tischen das Gespräch um das zuletzt gelesene Buch und die Lesegewohnheiten der Enkel. Der Appetitanreger hatte seine Wirkung erreicht.

Auch im Literatur-Fachgeschäft Schüttert wurde gelesen, ebenso bei der Bäckerei Garde. Der vierte Teil dieses Experiments fand bei der Bäckerei Meyer statt. Gegenüber des Rewe-Marktes an der Hauptstraße bemühten sich Katharina Wittneben und Tanja Riekenberg um Leser. Fünf ältere Menschen ließen sich nieder, allerdings weniger der Literatur zuliebe. Ein frühstückendes Pärchen ließ sich weder von „Der Vater und sein Töchterlein“ noch von „Die Kunst des Schweigens“ von der Lektüre der Bild-Zeitung abbringen. Die Geschichte unter der Überschrift „Das Salat-Glücksrad“ schien zu wichtig, um davon abzulassen. Eine Gruppe wartender Kinder vor dem gegenüberliegenden Verbrauchermarkt schien da deutlich interessierter.

Apropos Verbrauchermarkt: Bei Rewe wird zurzeit umgebaut. Die ständige Geräuschkulisse und die piependen Kassen machten deutlich: Das an die Bäckerei Meyer angrenzende kleine Café ist als Ort für Lesungen nicht unbedingt geeignet. Das schien der Begeisterung der beiden Damen vom Förderverein keinen Abbruch zu tun. Während sie aus Susanne Feiners Buch „Das Schicksal duscht“ rezitierten, Erich Kästners „Die Entwicklung des Menschen“ vortrugen und den Zuhörern Robert Gernhardt näher brachten, gab sich Knud Heinrichs alle Mühe, weitere Literaturbegeisterte zum Zuhören zu bewegen. Ohne Erfolg: 40 Prozent der Besucher verließen die Lesung vor dem Ende.

Es war eine erfrischende Idee, die der Förderverein zum bundesweiten Vorlesetag konsequent umsetzte. Die Reaktionen vor der Bäckerei reichten von Unverständnis bis zu einem Lächeln. Zum Niederlassen konnten die engagierten Ehrenamtlichen nur wenige Menschen bewegen.

Quelle: Syker Kurier vom 16.November 2019

Verwirrt, verwirrend und sozialkritisch

Ulrich Hoferichter und Lars Kaschke sprechen in der Stadtbibliothek über die Lyrik zwischen den Weltkriegen 

War das ein Zeichen ihrer weiter fortschreitenden Symbiose? Diesmal traten Kaschke und Hoferichter sogar im Partnerlook auf. Der eine im weinroten Hemd, der andere im weinroten Pullover saßen die beiden literarisch interessierten und literarisch unterhaltenden Syker Lehrkräfte in der Bibliothek. An Zufall mag da nur derjenige glauben, der die beiden nicht kennt. Denn die beiden, Dr. Lars der eine, Ulrich der andere mit Vornamen, sind über die Jahre zu einem interessanten und unterhaltsamen Vortrags-Duo geworden, das ihrem Publikum die Feinheiten und Zwischentöne der Literatur näherbringt. Da Lars Kaschke als 1986er Abiturient den anderen als Lehrer erleben durfte, trennen sie altersmäßig ein paar Jahre. Sie eint ihr Interesse an Wortwitz und Wortspielen, an der Sprache an sich.

 Irgendwann fanden sie zueinander, unternahmen schon augenzwinkernde Ausflüge in die Liebe und in die Lüge. Dabei foppten sie sich gegenseitig und nannten sich im Stile der Politikmagazinmacher Hauser und Kienzle regelmäßig genüsslich nur beim Nachnamen. Ihr neuestes Programm befasste sich mit der Lyrik zwischen den Weltkriegen. Nicht ganz so spaßig wie die anderen Lesungen war es diesmal. Ob das dem Thema oder der Tagesform geschuldet oder einfach nur gewollt war, weiß man bei den beiden nicht. Wahrscheinlich war es von allem ein bisschen. Denn das, was Kästner, Morgenstern, Trakl, Tucholsky und viele andere im Verlauf der ersten Weltkatastrophe und in Anbahnung der zweiten schrieben, ist schließlich per se ein ernstes Thema.

 Der Abend dauerte genau zwei Schulstunden – Lehrer können eben nicht aus ihrer Haut. Die mit zahlreichen Informationen über die damalige Zeit und die Schrifsteller gespickte Lesung war unterhaltsam, erhellend und in ihrer 100 Jahre alten Aktualität beinah erschreckend. Beispielsweise passte die Beschreibung der kapitaltischen Systeme mit der Ausbeutung der Bürger und dem „die Großen lässt man laufen“ auch in die heutige Zeit. So manches Mal blieb das Lachen im Halse stecken. Überhaupt seien die Schriftsteller sehr weitsichtig und vorausschauend gewesen und halten früh die Probleme im System erkannt und benannt. Dr. Kaschke wies zu Beginn darauf hin, dass der Titel des Abends nicht ganz exakt sei, schließlich gebe es auch Texte aus den Zehnerjahren des letzten Jahrhunderts und damit vorm Ersten Weltkrieg. Da er nicht nur Deutsch- sondern auch Geschichtslehrer ist, war er zu dieser Klarstellung quasi per Amtseid verpflichtet. Die 50 Besuchenden, darunter übrigens 40 Frauen, klatschten viel und überzeugt.

 In der großen Pause halte es wie immer bei Veranstaltungen des Fördervereins der Stadtbibliothek Wasser und Wein gegeben. Hoferichter deutete an, dass diese Lesung nicht die letzte der beiden gewesen sein könnte. Er erntete ein ebenso zufriedenes wie zustimmendes Nicken. Beim Vortrag zur Lüge in der Literatur halten sie ein Programm von Roger Willemsen überarbeitet und vorgetragen. Diesmal gab es eine Eigenproduktion. Um genauer zu sein, wie Hoferichter außer Hörweite seines Partners erklärte, „habe ich das meiste gemacht, ich bin ja Rentner und Kaschke muss noch arbeiten“.

 Die 1910er Jahre waren die Zeit der Expressionisten. „Verwirrt und verwirrend“ sei deren Schreibe gewesen. Waren Christian Morgensterns Texte vom Huhn in der Bahnhofshalle, dem Hecht und dem Nasobem lustig bis grotesk, so war es gerade Erich Kästner, der das Grauen der Diktatur vorhersah. „Ganz rechts zu singen“ und „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn“ waren nur zwei der Stücke. Kästner habe die Nazis demaskiert und lächerlich gemacht, dafür hat er sich auch in Lebensgefahr begeben, erklärten die beiden. Auch heftige und heute leider noch immer aktuelle Sozialkritik von damals gab es zu hören. Alles im allem ein Abend, der zum Nachlesen und Nachdenken anregte.

 Kritik von Karsten Bödeker im Syker Kurier