Andreas Heineke und Sven Jachmann nehmen ihren Podcast „2MannBuch“ live in Syke auf
Sven Jachmann ist Journalist aus Hamburg, arbeitete unter anderem als Reporter für Radio Hamburg, für Regio TV in Ravensburg, für die Redaktion der Johannes- B.-Kerner-Show und produziert TV-Beiträge für das NDR Schleswig-Holstein Magazin und Radiobeiträge für NDR 1 Welle Nord. Er sagt über sich, dass Musik und Bücher ihn ein Leben lang begleitet haben.
Andreas Heineke ist ebenfalls Journalist und zudem Autor. Mit seinen Provence-Krimis war er auch in Syke schon zu Gast. Außerdem arbeitet er als Talkshow- Autor für den NDR sowie als Filmemacher und Regisseur. „Lesen begleitet mein Leben wie andere Leute TV-Serien“, sagt er über sich selbst.
„Nie mehr schlechte Bücher lesen“ heißt der Untertitel von Ihrem Podcast. Was ist denn ein schlechtes Buch?
Andreas Heineke: Das mag ich mir gar nicht anmaßen, zu beantworten. Wer bin ich, das zu entscheiden?
Sven Jachmann: Wieso denn nicht. „Letzte Nacht in Twisted River“ zum Beispiel. Okay – John Irving, großer Name. Aber diese Holzfällerstory hat mich überhaupt nicht reingezogen.
Heineke: Stimmt, ist nicht das beste Buch von John Irving, aber trotzdem bleibe ich ein Fan. Im März kommt ein Wälzer von ihm. Werde ich mir wohl freinehmen müssen, weil ich das in jedem Fall vorstellen möchte. Aber generell geht es eher darum, deutlich zu machen, dass wir eben keine schlechten Bücher, sprich keine Bücher empfehlen, die wir nicht mögen. Das ist unterm Strich immer eine subjektive Wahrnehmung.
Jachmann: Wir sind nicht diejenigen, die krittelnd und naserümpfend den Daumen senken. Das können andere besser. Wir wollen lieber mit Begeisterung über Bücher sprechen und hoffen, unsere Begeisterung steckt an.
Heineke: Ich glaube, dass es sogar Bücher gibt, die Sven vorstellt, die mir gar nicht gefallen. Wir lassen uns selbst jedes Mal überraschen, nie weiß einer von uns im Vorfeld, was der andere vorstellt. Mit der spannendste Moment ist, wenn Sven wenige Minuten vor der Aufzeichnung sein Buch aus der Tasche zieht. Ich persönlich bedaure es oft, dass ich Svens Empfehlungen nicht schaffe zu lesen. Alle 14 Tage ein neues Buch. Wenn man beruflich so eingebunden ist, wie wir, dann artet das manchmal sogar in Arbeit aus.
Was muss ein Buch denn haben, wie muss es sein, damit Sie es in Ihrem Podcast vorstellen?
Jachmann: „Raserei“ von Sascha Reh ist dafür ein gutes Beispiel. Das ist klar erzählt, spielt in der Gegenwart und beginnt mit einem Schock. Ein Raser hat die halbe Familie des Protagonisten totgefahren, die ich gerade erst kennengelernt habe. Der will Rache. Das hat mich gepackt.
Heineke: Stimmt, das klingt nach einem ‚2MannBuch‘, aber so leicht ist die Frage nicht zu beantworten, denn wir sind beide auf kein Genre festgelegt. Der Plot muss stimmen und mitreißen und es darf sprachlich nicht platt sein. Wir sind ja beide riesen Musikfans, daher haben wir sicher einen ausgeprägten Hang zu Musikerbiografien oder zu Popkultur ganz allgemein. Ich persönlich bin ein großer Fan von Coming-of-Age-Romanen, die auch gerne mal drastisch sein dürfen, Hauptsache ehrlich. Allerdings steht niemand von uns auf Fantasy oder Historische Romane. Bücher, die mich packen, spielen eigentlich immer im Jetzt.
Der eine ist Autor, der andere Radio-Moderator: Ist ein Podcast da die goldene Mitte oder wieso haben Sie sich für diese Form der Literaturvorstellung entschieden?
Heineke: Wir haben lange zusammen in der Johannes B. Kerner Redaktion gesessen und als Fernsehredakteure gearbeitet. Neben Musik haben wir ständig über Bücher gesprochen und uns immer gegenseitig welche ausgeliehen. Hinterher haben wir darüber diskutiert und eine riesengroße Freude daran gehabt. Und sicherlich haben wir beide einen Spaß daran, Meinungen und Ansichten öffentlich zu diskutieren.
Jachmann: Die Form des Podcasts ist perfekt für uns. Niemand gibt uns Zeiten vor oder schreibt uns vor, worauf wir achten müssen. Wir lieben diese Freiheit und machen einfach, was wir wollen. Toll!
Hören Sie selbst auch Podcasts?
Heineke: Ja, querbeet. Als Hundebesitzer kann ich „Tierisch Menschlich“ mit Martin Rütter empfehlen. Ich höre auch gern „Hotel Matze“, „Nachts im Buchladen“ und eigentlich auch „Eat Read Sleep“, aber mir gefallen Verrisse nicht. Ich weiß nicht, was das soll. Ich empfinde das als überheblich. Podcasts, in denen einfach nur geplaudert wird und die lustig sein sollen, interessieren mich meist nicht, obwohl es die Beliebtesten sind.
Jachmann: „Fest und flauschig“ war eins meiner ersten Podcasterlebnisse. Dann höre ich gern „TOMorrow“ und den „Properformance Podcast“. Da geht es um mentale Stärke mit wichtigen Tipps für mich, um mein cholerisches Wesen besser in den Griff zu bekommen.
Heineke: Schön weiterhören, Sven.
Was macht den Reiz dieses Formats aus?
Heineke: Wir sind zwei Freunde und reden über Bücher und tun das ohne diese aufgesetzte „Feuilleton-Sprache“. Unsere Bücher haben „keine Wucht“ oder „hallen nach“, sie sind super, cool oder SENSATIONELL! Wir möchten raus aus dieser elitären Ecke.
Jachmann: Das hast Du sensationell erklärt. Und wieso dann nun auch Live-Shows?
Jachmann: Ich leide zwar unter Lampenfieber, bin aber die totale Rampensau.
Heineke: Du wirst an Deiner Aufgabe wachsen, Sven. Denn eigentlich sind wir beide die Bühne gewöhnt. Ich bin als Autor ständig auf Lesereise, ich habe zehn Jahre lang als Radio- Moderator gearbeitet und arbeite seit 20 Jahren beim Fernsehen. Ich mag Begegnungen mit Gleichinteressierten und mag den Austausch. In Syke habe ich schon mehrmals gelesen, das Publikum dort ist toll, da freue ich mich drauf. Daher haben wir auch den Veranstalter gebeten, ein Buch vorzustellen. Das ist auch für uns eine Premiere. Beim Blick auf die Ausgaben stellt man fest: ganz schön krimilastig. Ist das der Lesevorliebe der Zuhörer geschuldet oder persönliche Vorliebe?
Heineke: Das ist total witzig, dass Sie das feststellen, denn aus unserer Sicht ist das gar nicht so. Sven beginnt jede Krimi-Rezension mit den Worten „Eigentlich lese ich keine Krimis, aber das hier…“. Ab und zu kommt mal einer vor, weil er ein fester Bestandteil der Literatur-Szene ist.
Jachmann: Die Krimis, die ich mitbringe, sind sensationell. „Bis er gesteht“ war überragend. Oder auch „Meier“. Das sind keine gewöhnlichen Ermittler-Krimis.
Heineke: Ich als Krimiautor schaue natürlich auch gerne mal, was es da noch so gibt. So habe ich Marcel Huwyler entdeckt. Mein Gott ist der gut! Was ist das Reizvolle an Krimis?
Jachmann: Dazu kann ich gar nichts sagen, ich lese ja keine…(lacht)
Heineke: Wenn die Welt in Unordnung ist, lese ich gerne, wie sie wieder in Ordnung kommt. Die Krimis, die ich vorstelle, haben auch einen gewissen Witz oder sind schräg. Ich habe einen Hang zum Schrägen. Aber ich bewundere gute Krimiautoren auch, weil sie so enorm scharfsinnig sind. Geschichten werden heute oft in Krimis erzählt und ich finde, man kann enorm viel von ihnen lernen. Auch über Regionen und Bräuche. Sicherlich gibt es zu viele, aber es ist unser Job, die Guten rauszusuchen.
Was liegt denn zurzeit bei Ihnen auf dem Nachttisch zum Lesen?
Heineke: Wo wir gerade beim Thema sind: Ich lese gerade einen Krimi, den ich demnächst vorstelle. „Christoffer Carlsson – Was ans Licht kommt“. Es geht um die Nacht in Schweden, als Olaf Palme ermordet wurde. Zeitgleich findet ein zweiter Mord statt. Das Buch ist ziemlich düster, aber sehr packend geschrieben.
Jachmann: „Wer hat Bambi getötet“ von Monika Fagerholm. Ich muss aber leider sagen, dass ich kurz vorm Abbruch bin. Das ist so literarisch gewollt geschrieben. Das ist so ein Buch, das würde ich am liebsten einem meiner Lieblingsautoren geben, mit der Bitte, es nur für mich in seinem Stil umzuschreiben. Denn die Story hat Potenzial. Oh Gott, jetzt klinge ich fast schon wie einer dieser Feuilletonisten. Welches Buch halten Sie für hochgradig überschätzt und würden es deshalb auch nie in Ihrem Podcast vorstellen?
Heineke: Sehr viele, aber ich mag keine Namen nennen. Ich weiß, wie viel Arbeit hinter jedem Buch steckt.
Jachmann: Das ist nämlich genau das. Ich habe nie ein Buch geschrieben. Das höchste der Gefühle war eine zehnseitige Kurzgeschichte in der Schule. Und dann soll ich über ein Buch sagen, das halte ich für überschätzt. Das kann ich nicht. Na gut, fast alles von Fitzek. Das haben Sie aber nicht von mir.
Heineke: Eigentlich bin ich aber ganz gerne in kranken Köpfen unterwegs.
Das Interview führte Sarah Essing.
erschienen im Syker Kurier am 19. Januar 2023